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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 17.11.2000
Aktenzeichen: 4 U 146/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 546
Wird vertraglich zur Kaltmiete die Mehrwertsteuer geschuldet, so gilt diese Regelung regelmäßig auch für die Nebenkosten.

SchlHOLG, 4. ZS, Urteil vom 17. November 2000, - 4 U 146/99 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 146/99 4 O 251/98 Landgericht Flensburg

Verkündet am: 17. November 2000

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

Beklagten und Berufungsklägers,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Petersen, Dr. Peters, Grimm, von Hobe, Dr. Petersen und Schober in Schleswig -

gegen

Betriebs- und Verwaltungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer

Klägerin und Berufungsbeklagte,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Tischler, Dr. Carstensen, Dr. Schulz und Dr. Punke in Schleswig -

hat der 4. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 09. August 1999 verkündete Schlußurteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert und insgesamt neu gefaßt.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.689,52 DM zzgl. 4% Zinsen auf 12.240,00 DM seit dem 19. April 1998 und auf 5.449,52 DM seit dem 4. Januar 1999 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung gegen das Schlußurteil wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des 1. Rechtszugs hat der Beklagte 96,6% und hat die Klägerin 3,4% zu tragen.

Von den Kosten des 2. Rechtszugs - nach einem Streitwert von 2.537,08 DM - hat die Klägerin 69,4% und hat der Beklagte 30,6% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Klägerin beträgt 1.761,44 DM, der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 775,64 DM.

Von einer Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung gegen das Schlußurteil des Landgerichts vom 9. August 1999 hat mit ihrem auf 2.537,08 DM eingeschränkten Antrag überwiegend Erfolg. Die Klage ist wegen 1.761,44 DM abzuweisen. Im übrigen ist die Berufung zurückzuweisen, auch soweit im Termin am 8. November ein Antrag teilweise nicht gestellt worden ist.

I.

1. Die Berufung rügt zu Recht, dass in der Nebenkostenabrechnung der Klägerin vom 17. November 1998 (Bl. 77 d. A.) nicht gerechtfertigte Mehrwertsteueranteile enthalten sind. Unzutreffend ist jedoch die Ansicht, auf Nebenkosten könne Umsatzsteuer überhaupt nicht verlangt werden, weil der Vertrag dieses nicht vorsehe. Aus § 5 Nr. 1 des Mietvertrages ist zu ersehen, dass es sich bei dem Betrag von 250,-- DM um eine (naturgemäß) monatliche Vorauszahlung handelt.

Zwar wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, der Umstand, dass der Mieter zusätzlich zum Mietzins die darauf entfallende Mehrwertsteuer zu entrichten habe, spreche nicht schon dafür, dass dies auch für die Nebenkosten gelte (Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 6. Aufl., Rn. 151 S. 97). Die in diesem Zusammenhang zur Begründung angeführte Entscheidung des BGH vom 12.1.1981 (WM 1981, 253, 255) betrifft indes einen mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbaren Sachverhalt, denn dieser hatte eine streitige Mehrwertsteuerpflicht auf eine Heizkostenvorauszahlung zum Gegenstand. Der BGH hat eine Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf die Vorauszahlung mit der Begründung verneint, diese sei erst noch abzurechnen und stelle deshalb noch nicht die endgültig zu versteuernde Leistung dar. Hingegen beruht im vorliegenden Fall die Mehrwertsteuernachforderung der Kläger auf einer Schlußabrechnung der Nebenkosten. Hat der Vermieter vor Abschluß des Mietvertrages für die Mehrwertsteuer optiert und schuldet der gewerbliche Mieter vertraglich die auf den Mietzins entfallende Mehrwertsteuer, so gilt dies im Wege ergänzender Vertragsauslegung auch für die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der abgerechneten Nebenkosten (OLG Düsseldorf Urteil vom 26.10.1995 - 10 U 207/94, OLGR Düsseldorf 1996, 14).

Bei den Nebenkosten handelt es sich um Aufwendungen der Klägerin, die diese gehabt hat. Soweit die Klägerin im Rahmen dieser Aufwendungen selbst hat Mehrwertsteuer entrichten müssen, ist sie befugt, die anteilige Mehrwertsteuer auf den Beklagten umzulegen.

Aus der anliegenden Forderungszusammenstellung ist zu ersehen, dass die Klägerin nur hinsichtlich der Positionen

Wartung Tropfkörperanlage

Miete Container

Schornsteinfeger

Heizkosten

berechtigt ist, Mehrwertsteuer in Ansatz zu bringen. Denn in den Beträgen für die Gebäudeversicherung und die Haftpflichtversicherung ist die Versicherungssteuer bereits enthalten und im übrigen handelt es sich um Steuern bzw. Abgaben, die ihrerseits nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin besteht eine darüberhinausgehende Verpflichtung, Mehrwertsteuer zu entrichten, nicht. Nach § 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Umsatzsteuerpflichtige betriebswirtschftliche Vorgänge sind in der Abrechnung fremder Kosten nicht zu sehen.

II.

Die weitergehende Berufung ist unbegründet. Der Senat verweist insoweit auf die Abschnitte 2. und 3 a) bis 3h) des Prozeßkostenhilfebeschlusses vom 20. Oktober 2000.

III.

Soweit der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung den Berufungsantrag nur in Höhe der Prozeßkostenhilfegewährung von 2.000,00 DM gestellt und im übrigen erklärt hat, die weitergehende Berufung werde nicht zurückgenommen, führt dies nicht dazu, dass ein Teilurteil zu ergehen hatte. Der Beklagte ist entgegen seiner Erklärung so zu behandeln, als hätte er auf die weitergehende Berufung verzichtet, § 514 ZPO. Der Senat folgt den Gründen der Entscheidung des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 6. Juli 2000 - 11 U 134/97 (OLG-Report Schleswig 2000, 410):

"Gem. § 537 ZPO sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung des Berufungsgerichts alle einen zuerkannten oder aberkannten Anspruch betreffenden Streitpunkte, über die nach den Anträgen eine Verhandlung und Entscheidung erforderlich ist. Maßgeblich für die Entscheidung des Senats waren damit die Anträge in der mündlichen Verhandlung selbst (vgl. auch § 525 ZPO). Diese Anträge bilden zugleich auch die Grenzen der Neuverhandlung im Berufungsverfahren (vgl. dazu MüKom/Rimmelspacher, ZPO, 1992, § 525 Rnr. 11)."

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung aber lediglich den Antrag gestellt, das angefochtene Urteil im Umfang von 2.000,00 DM zu überprüfen und die Klage in diesem Umfang nebst darauf fallender Zinsen abzuweisen.

Der 11. Zivilsenat hat in der angegebenen Entscheidung weiter ausgeführt:

"Ein Teilversäumnisurteil kann und darf der Senat nicht erlassen, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung wegen dieses tatsächlich gestellten Sachantrages nicht säumig war. Ein Berufungskläger kann sich entweder nur ganz säumig stellen oder zu einem solchen bestimmten und abgegrenzten Antrag nicht verhandeln, der auch durch Teilurteil entschieden werden könnte. Nur in diesem letzteren Fall dürfte dann auch ein Teilversäumnisurteil ergehen und könnte sich der Berufungskläger deshalb teilweise säumig stellen. Ein Teilversäumnisurteil darf dagegen nicht ergehen, wenn an gleicher Stelle ein Teilurteil unzulässig wäre.

Im vorliegenden Fall ist aber ein Teilversäumnisurteil ersichtlich unzulässig, weil auch ein Teilurteil nach § 301 ZPO nicht zulässig wäre. Auch bei einer im Grundsatz gegebenen Teilbarkeit des Streitgegenstandes kommt nämlich ein Teilurteil nur dann in Betracht, wenn durch die abgetrennte Entscheidung nicht die Möglichkeit widerstreitender Entscheidungen eröffnet wird. Nach § 301 Abs. 1 ZPO soll eine unterschiedliche Beurteilung von entscheidungsrelevanten Fragen im Rahmen eines Verfahrens gerade vermieden werden. Die Bestimmung zielt darauf ab, es schon nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, kommen zu lassen (vgl. zu den Einzelheiten nur BGH NJW 1997, 453, 454 f. m. w. N.). Im vorliegenden Fall müsste aber auch bei einer Entscheidung über den derzeit nicht angegriffenen Teilbetrag der vom Landgericht zuerkannten Werklohnforderung über zahlreiche Fragen erneut entschieden werden, die auch Gegenstand bereits dieses Urteils sind..."

Dies gilt auch im vorliegenden Verfahren. Einem Teilversäumnisurteil steht insbesondere entgegen, dass der Beklagte nicht aufgeschlüsselt hat, auf welchen Teil des Streitgegenstandes sich der Differenzbetrag zwischen 2.000,00 DM und den angekündigten 2.537,08 DM beziehen soll.

Der Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass Bedenken bestehen, ob er sich durch die von ihm gewünschte Einschränkung des zunächst angekündigten Berufungsantrags den weiteren Prozessrechtsweg vor dem Berufungsgericht offenhalten könne. Da er angesichts des gestellten Sachantrages und der mangelnden Teilbarkeit nicht teilweise säumig ist, kann ein Teilversäumnisurteil nicht ergehen und handelt es sich bei dem vorliegenden Urteil entsprechend auch nicht um ein Teilurteil. Der Beklagte hat sein nach der Berufungsbegründung ursprünglich weitergehendes Begehren vielmehr in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt. Darin ist im Ergebnis insoweit ein Verzicht auf das Rechtsmittel (§ 514 ZPO) zu sehen, so dass insoweit zugleich das landgerichtliche Urteil Bestand hat. Eine anderweitige Beurteilung des prozessualen Verhaltens des Beklagten kommt hier auch deshalb ersichtlich nicht in Betracht, weil der Beklagte ansonsten zu Lasten des Gegners jegliche Entscheidung des Senats auf Dauer blockieren könnte. Denn sowenig der Senat ein Teilversäumnisurteil erlassen darf, dürfte er ein Teilurteil erlassen. Dann könnte die Sache bei entsprechend fortgesetztem prozessualen Verhalten des Beklagten lediglich regelmäßig vertagt werden. Dies widerspricht ersichtlich den §§ 525, 537 ZPO. Danach unterliegen der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis nur die in der mündlichen Verhandlung zuletzt gestellten Berufungsanträge und bleiben angekündigte oder früher gestellte Anträge nur insoweit beachtlich, als über sie durch zulässiges Versäumnis- oder Teilversäumnisurteil entschieden werden kann. Alle entgegenstehenden vorangegangenen Ankündigungen und Anträge treten demgegenüber hinter die zuletzt gestellten Anträge zurück (SchlHOLG Urteil vom 6.7.2000 - 11 U 134/97 a.a.o.).

IV.

Die Kostenentscheidung für das vorliegende Berufungsverfahren folgt aus § 97 ZPO.

Die Kostenentscheidung für den 1. Rechtszug berücksichtigt, dass die Berufung des Beklagten gegen das stattgebende Teilurteil des Landgerichts vom 5. Februar 1999 durch Versäumnisurteil des Senats vom 8. November 2000 zurückgewiesen worden ist (Aktenzeichen des Oberlandesgerichts: 4 U 36/99). Weil hinsichtlich jener Berufung des Beklagten ein Einspruch gegen das Versäumnisurteil noch möglich ist und der Fortgang des Verfahrens nicht feststeht, ist eine Korrektur der Kostenentscheidung für den 1. Rechtszug in einem Schlußurteil in jenem Verfahren denkbar, wobei jedoch zu berücksichtigen sein wird, dass die Klage hinsichtlich der Nebenkosten von 19.450,96 DM Erfolg gehabt hat in Höhe von 17.689,52 DM.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Absatz 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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